Bereits heute sind Städte für ca. 80 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs und über 70 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Zudem leben weltweit mehr als die Hälfte, in Deutschland 3 von 4 Menschen in Ballungsräumen (Vgl. die Bundesregierung). Städte stehen dabei stets vor der Herausforderung, ausreichenden und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, verschiedenste Interessensgruppen zu integrieren und hierfür bestehende Infrastruktur flexibel gestalten zu können.
Ressourcenschonendere und flexiblere Wege des Haus- und Städtebaus bieten hierzu neue Möglichkeiten ebenso wie die Digitalisierung: Im Sinne einer Smart City ermöglichen neue Technologien die bedarfsgerechte Steuerung verschiedenster Prozesse, die Optimierung von Energie- und Rohstoffverbrauch sowie die Vernetzung von Stadtgesellschaft und Verwaltung. Sowohl die Qualität als auch die Legitimität von Stadtentwicklungspolitik können so verbessert werden.
Einen deutschalndweiten Überblick über Projekte zur Entwicklung von Städten gibt die Plattform „Zukunftsstädte“.
Aus der Perspektive der Nachhaltigkeit sind beim Bauen sowohl soziale, wirtschaftliche wie auch ökologische Aspekte in den Blick zu nehmen. In vielen Ballungsräumen kann der Bedarf an Wohnraum nicht gedeckt werden. Teilweise stark steigende Miet- und Kaufpreise führen zu sozialer Verdrängung. Steigende Kosten erschweren die Bereitstellung von bezahlbaren Wohnungen. Die Erreichung ökologische Zielvorgaben für einzelne Gebäude wie auch für urbane Räume als Ganzes erlangt sowohl im lokalen wie auch globalen Kontext eine hohe Dringlichkeit. Das gilt für den Neubau wie auch für Bestandsbauten.
Jenseits von politischen Maßnahmen kann deshalb an den eingesetzten Baumaterialien, der Logistik und der Konstruktion von Gebäude angesetzt werden, um mehr Nachhaltigkeit zu erwirken. Innovative Ansätze verwenden Baumaterial im Lebenszyklus wieder(z.B. cradle to cradle - c2c) und erschließen Daten für ein effektiveres Gebäudemanagement (Building Information Management - BIM) oder für eine effiziente Verbrauchssteuerung der Energiebedarfe (smart Building). Mit Blick auf das Energiemanagement, Recycling oder den ökologischen Fußabdruck der eingesetzten Rohstoffe liegt auch viel Potential in innovativen Baustoffen. Im Sinne der Nachhaltigkeit muss dabei die Bilanz eines Baustoffes immer über seinen gesamten Lebensyzklus hinweg betrachtet werden.
Die Vernetzung von Stadtgesellschaft und Stadtentwicklung hat das Potential, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die bedarfsgerecht, widerstandsfähig, legitimiert und nutzerzentriert organisiert sind und sich damit nachhaltig auf das urbane Leben auswirken. Das Internet bietet Stadtverwaltungen und Kommunalpolitik die Möglichkeit, Bürgerinnen und Bürger umfassend über stadtentwicklungspolitische Vorhaben zu informieren und sie einzubinden. Als Ergänzung zu Bürgersprechstunden und -gesprächen sowie Workshops lassen sich Online-Angebote und digitale Beteiligungsinstrumente von der Verwaltung einsetzen: Über Webseiten und Soziale Medien können Bürgerinnen und Bürgern umfassend informiert werden. Online-Portale und Umfrage- sowie Kollaborationsplattformen ermöglichen Eingaben, Beschwerden, Konsultationen, die Beteiligung an und sogar Abstimmung über Projekte. Der Mitwirkungsgrad in solchen „top down“ initiierten Verfahren zur Mobilisierung bürgerschaftlichen Engagements reicht von der Bereitstellung von Information, über die Mitwirkung und Mitentscheidung bis zur Selbstverwaltung.
Die Einsatzmöglichkeiten digitaler Beteiligungsinstrumente sind vielfältig: Sie können bei der Formulierung von Stadtentwicklungskonzepten oder von Smart-City-Strategien eingesetzt werden. Konkret finden sie auch Anwendung in Fragen der Nutzung städtischer Räume und der Verkehrsplanung. In diesem Kontext können sie eine unmittelbare Verbesserung der Lebensqualität der Stadtbevölkerung mit sich bringen – z. B. bei der Umgestaltung eines Quartiers oder bei Einzelmaßnahmen wie dem Abriss einer Hochstraße. Online-Beteiligungsplattformen können, wie „Decide Madrid“ (DM) in der spanischen Hauptstadt, auch zu einem festen Bestandteil des kommunalen Politikzyklus ausgebaut werden.
Der frühzeitige Einsatz intensiv beworbener und niederschwelliger digitaler Bürgerbeteiligung mit einem klar kommunizierten Zweck und Ziel kann das Wissen und die Präferenzen der Bevölkerung aufgreifen und so eine nachhaltige Stadtentwicklung, die den Bedürfnissen ihrer Bürgerinnen und Bürger gerecht wird, fördern. Außerdem kann durch digitale Beteiligungsformen mehr Akzeptanz für Projekte und übergeordnet mehr Bewusstsein sowie Verständnis für urbane Politik hergestellt werden. Insgesamt versprechen Online-Beteiligungen im städtischen Kontext die inhaltliche Qualität von Stadtentwicklung zu verbessern, ungenutzte Potenziale zu aktivieren, die Legitimation von Projekten zu fördern und durch Partizipation gesellschaftliche Bindungskräfte zu erhöhen.
Um schneller passende Lösungen für die Bedarfe der Stadtgesellschaft zu erstellen, braucht es Räume, wo alle betroffenen Akteure zusammenarbeiten können. Diese Lösungen sind dann nachhaltiger, weil sie die Bedarfe genauer abdecken, über eine breitere Legitimation verfügen und damit eine bessere Akzeptanz aufweisen können. Sogenannte Stadtlabore oder City Labs können dafür die notwendige Infrastruktur bereitstellen. Sie bieten den Raum, um die konkreten Bedarfe aufzunehmen, die Akteure zusammen zu bringen, gemeinsam experimentelle Ansätze zu erproben und schließlich in umsetzbare Lösungen zu überführen. Dabei vernetzen sie Bürgerinnen und Bürger mit Verwaltung, Forschung und beispielsweise Startups. Sie haben das Potential, die Expertise aller in den Prozess einzubinden und können untereinander die unterschiedlichen Perspektiven vermitteln. Beispiele existieren in Iserlohn, Südwestfalen oder Berlin. Die Stadtlabore sehen sich selbst auch als Experiment, innovative Formen der Zusammenarbeit auszuprobieren.